Elvis: U.S. Male Stay Away from Goin‘ Home – it’s Too Much Monkey Business!
Kaum zu glauben, aber so manche Elvis-Aufnahmesession ist selbst in Fankreisen bis heute relativ wenig bekannt, vor allem dann, wenn kein Megahit oder Album daraus hervorging. Dass es sich dennoch lohnt, gerade bei den unbekannteren Sessions genauer hinzuhören, beweist das Elvis-Sammlerlabel Follow That Dream (FTD) mit der Veröffentlichung Stay Away, Joe (2013).
Ach Gott, eine Soundtrack-CD, brauch‘ ich die wirklich, war mein erster Gedanke, als Stay Away Joe im Frühjahr 2013 als FTD-Veröffentlichung angekündigt wurde. Und das, obwohl ich den gleichnamigen Hollywoodstreifen mit Elvis in der Rolle des umtriebigen Indianers Joe Lightcloud, der 1968 in den USA in die Kinos kam, in Deutschland aber erstmals 1989 im TV zu sehen war (dt.: Harte Fäuste, Heiße Lieder) durchaus gerne mag, zumindest wenn ich in Stimmung für sinnfreien Klamauk mit viel Spaßfaktor bin! Davon hat der Film eine Menge – wer ihn nicht kennt: Stay Away Joe läuft auch heute immer mal wieder im deutschen Fernsehen. Tipp: Der Film schaut sich am besten in der Gruppe – ordentlicher Biervorrat in Griffnähe -, denn Party und Bier gibt’s auch im Film satt ;-). Hier eine Kostprobe:
[youtube]http://youtu.be/sptxykyrYn8[/youtube]
Aber musikalisch – und darum geht’s hier in erster Linie – hat die Western-Klamotte Stay Away Joe eben eher wenig zu bieten, ganze 4 Songs sind im Film zu hören: Stay Away, Stay Away Joe, Dominic, All I Needed Was The Rain – und kein Hit weit und breit. Aus diesem Grund erschien auch schon 1968 – ziemlich ungewöhnlich für einen Elvis-Hollywoodstreifen – kein Soundtrackalbum bzw. keine Soundtrack-EP (Extended Play). Die Songs – alle in RCAs Studio B in Nashville aufgenommen – wurden einfach über verschiedene andere Publikationen verstreut. Wieso dann also eine Veröfftlichung des Sammlerlabels extra für Stay Away, Joe?
Stay Away, Joe: Hörspaß für Leute mit Sinn für Humor
Da habe ich doch mal wieder nicht richtig aufgepasst und zunächst den Hinweis überlesen, dass Stay Away, Joe nicht als Soundtrack-CD, sondern in der Classic-Serie des Sammlerlabels Follow That Dream erscheint. Wie gut, dass es mir trotz des irreführenden Covers, das den Eindruck erweckt, es ginge nur um den Film, doch noch aufgefallen ist, denn sonst hätte ich eine Menge Hörspaß verpasst! Und der Hörspaß – vor allem die Takes der Nicht-Filmsongs (!) auf der CD laufen bei mir munter rauf und runter – ist enorm, da die Veröffentlichung letztendlich gut zusammengestellt ist.
Sicher, die Puristen unter den Sammlern werden wieder reichlich zu meckern haben, weil Takes fehlen bzw. nicht in historisch korrekter Reihenfolge präsentiert werden- nun ja, ich bin nicht ganz so pingelig, mir ist der Hörspaß wichtiger. Und der startet bei den Outtakes mit einer Aufnahme des Songs Stay Away – eine Adaption des englischen Folksongs Greensleeves – vom 16. Januar 1968:
Hörprobe ‚Stay Away‘ – FTD Stay Away, Joe (2013)
08 Stay Away – jam, take 2
Schon sind wir mitten drin in den beiden Aufnahmesessions, aus denen die FTD Stay Away, Joe zusammengestellt ist, nämlich die Sessions vom 1. Oktober 1967, also kurz vor Drehbeginn des Films (Dreharbeiten: Mitte Oktober bis Ende November 1967), und der interessanteren vom 15. + 16. Januar 1968, nämlich der 2. Aufnahmesession mit → Guitar Man Jerry Reed.
Anwesende Musiker in RCAs Studio B in Nashville waren neben Elvis Presley im Januar 1968: besagter Jerry Reed (Gitarre), Elvis-Veteran Scotty Moore (Gitarre), Chip Young (Gitarre), Bob Moore (Bass), Buddy Harman (Schlagzeug), Floyd Cramer (Piano), Pete Drake (Steel Guitar), Charlie McCoy (Harmonika), die bewährte Backgroundtruppe → The Jordanaires und natürlich A&R-Mann/Produzent Felton Jarvis. Im Oktober 1967 hatte es fast dieselbe Besetzung, nur Jerry Reed fehlte, dafür war Gordon Terry (Geige) noch mit von der Partie.
Hier kann man mal so richtig hören, wie ausgelassen die Stimmung bei einer Elvis-Session sein konnte. Elvis und seine Musiker hatten hörbar Spaß beim verbalen und musikalischen Blödeln miteinander und mit den Songs – wie hier Elvis und Jerry Reed mit Chuck Berrys Too Much Monkey Business:
Erste Takes von ‚Too Much Monkey Business‘ Hörprobe – FTD Stay Away, Joe (2013)
09 Too Much Monkey Business – takes
Und noch einmal ‚Too Much Monkey Business‘: Elvis Presley mit Jerry Reed, FTD SAJ (2013)
15 Too Much Monkey Business – takes
Stay Away, Joe: Highlight U.S. Male
Absolutes Highlight der FTD sind für mich aber die witzigen, wenn auch ordentlich deftigen Aufnahmen zu dem genialen Song U.S. Male, eine Komposition von Songwriter/Gitarrist Jerry Reed, die er spontan in die Januar-Session einbrachte. Hier beweist Elvis einmal mehr, was für ein klasse Interpret er war – einfach göttlich, wie er den Machismo der Südstaatler, in dem es in diesem Song geht, gekonnt auf die Schippe nimmt und dem Stück damit überhaupt erst Leben einhaucht. Da versteht man doch gleich eine Ecke besser, was Elvis meinte mit seinem Spruch „It ain‘ t a song until you sing it„. Hier zum besseren Verständnis erst einmal der Songtext von Jerry Reed:
Now, I’m a U.S. Male ‚cause I was born
In a Mississippi town on a Sunday morn[ing].
Now, Mississippi just happens to occupy a place
In the southeastern portion of this here United States.
Now, that’s a matter of fact, buddy,
And you know it well.
So, I just call myself the U.S. Male.
That’s M-A-L-E, son, That’s me.

Guitar Man Jerry Reed
Now, I said all that, I’ll say all this
I been a watching the way
You been watching my miss.
For the last three weeks you been hot on her trail;
You’re kinda upsetting the U.S. Male.
You touch her once with your greasy hand,
I’m gonna stretch your neck like a long rubber band.
She’s wearing a ring that I bought on sale;
That makes her the property of the U.S. Male.
You better not mess with the U.S. Male my friend.
If the U.S. Male gets mad, he’s gonna do you in.
If you know what’s good for yourself, son,
You better find you somebody else, son;
Don’t tamper with the property of the U.S. Male.
Through the rain and the heat and the sleet and the snow
The U.S. Male is on his toes.
So quit watching my woman, `cause that ain’t wise.
You ain’t pulling the wool over this boy’s eyes.
I catch you around my woman champ,
I’m gonna leave your head about the shape of a stamp
Kinda flattened out so you’ll do well
To quit playing games with the U.S. Male.
You better not mess with the U.S. Male my friend.
If the U.S. Male gets mad, he’s gonna do you in.
If you know what’s good for yourself, son,
You better find you somebody else, son;
Don’t tamper with the property of the U.S. Male.
Sock it to me
All right…now I’m gonna tell it like it is, son.
I catch you messin‘ ‚round that woman of mine,
I’m gonna lay one on you. You’re talking to the U.S. Male,
The American U.S. Male!
Nachfolgende die Aufnahmen dazu: Elvis am Mikro und Jerry Reed an der Gitarre – zwei Spaßkanonen in Action. Was man übrigens ganz am Anfang hört, ist der Rest von Elvis‘ witziger, wenn auch ordentlich unter der Gürtellinie angesiedelten Parodie des Country-Klassikers The Prisoner’s Song (1924), die hier wahrscheinlich deswegen nicht vollständig gebracht wird, weil empfindliche Gemüter auch in 2013 noch Anstoß daran nehmen könnten.
Wer nicht von selbst drauf kommt, wie die vollständige Parodie mit ihrer Bedeutung lautet, der hört einfach genauer hin bei der letzten Hörprobe ganz unten in diesem Beitrag… Damit dürfte dann auch ein für allemal die Frage geklärt sein, wieso Elvis keine eigenen Songtexte schrieb – man hätte sie ohnehin nicht veröffentlichen können ;-).
Hörprobe U.S. Male Take 2 – 7 – FTD Stay Away, Joe (2013)
10 U.S. Male – takes 2, 3, 5, 7
Hörprobe U.S. Male Take 9 + 10 – FTD Stay Away, Joe (2013)
20 U.S. Male – takes 9, 10
… und Take 11 – FTD Stay Away, Joe (2013)
21 U.S. Male – take 11
Stay Away, Joe: Demütigendes und Fehlendes
Dass der Spaß aber manchmal auch einen reichlich bitteren Zug hatte, kann man an den Aufnahmen von Goin Home gut hören. Der Song wurde als Ergänzung des Soundtracks von Stay Away, Joe aufgenommen, wurde dann aber doch nicht für diesen Film, sondern als Bonussong für Soundtrack des Hollywoodstreifens Speedway verwendet.
Elvis jedenfalls fand Goin‘ Home offensichtlich noch grottiger als den Rest der speziell für den Film Stay Away, Joe aufgenommenen Songs, sodass er hier zu hören ist mit der Aussage: „Der schlimmste Song, den ich in meinem Leben je gehört habe. […] Wüsste nicht, wie ich das noch verbessern könnte, außer ich geh‘ nach Hause„.
Hörprobe Goin‘ Home ab Take 12 – FTD Stay Away Joe
16 Goin‘ Home – takes 12, 18, 21
… und ab Take 22, dito
17 Goin‘ Home – takes 22, 24, 26, 29
Tja, und dabei hatten wir doch all die Jahre gedacht, das „muntere Liedchen“ Dominic der fleißigen Komponisten Ben Weisman und Sid Wayne sei für Elvis der demütigende Höhepunkt in einer langen Reihe immer lächerlicher werdenden, auf Filmsituationen zugeschnittenen Songs gewesen.
Angeblich soll Elvis seinen A&R-Mann/Produ-zenten Felton Jarvis ja mehr oder weniger auf Knien angefleht haben, dieses muntere Stück NIEMALS zu veröffentlichen. Verständlich ist das Flehen, wenn man die kuriose Filmszene aus Stay Away, Joe kennt, in der Elvis alias Joe Lightcloud versucht, einen unwilligen Bullen dazu zu bewegen, sich endlich nachwuchszeugenderweise über den weiblichen Teil der Herde herzumachen – gefolgt von der Szene, in der er es ihm quasi vormacht. Na, und was singt er dabei wohl? Richtig, Dominic:
[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=GZoGLkTfPbY[/youtube]
Zu hören ist vom verständlichen Flehen des Memphis Flash, auf diese ultimative musikalische Demütigung doch bitte mal zu verzichten, nichts auf der FTD Stay Away, Joe. Ebenfalls nicht zu hören sind Teile des Studiodialogs vor allem vom 15./16. Januar 1968, genauer gesagt Teile der Blödeleien zwischen Elvis und den Musikern – hier waren einige der Sprüche dem Sammlerlabel wohl auch über 40 Jahre nach den Aufnahmen zu heiß. Sie wurden editiert (siehe → Keith Flynns Elvis Presley Recording Sessions).
Irgendwie schade, vervollständigt das doch das Bild, weswegen einige Passagen in der folgenden Aufnahme im Zusammenhang zu hören sind (inkl. die weiter oben erwähnte, „haarige“ zum Prisoner Song 😉) – die Tonqualität ist allerdings nicht allzu gut:
Ausschnitte aus der Session vom 15./16. Januar 1968 Teilweise NICHT auf der FTD ‚Stay Away, Joe‘
GoinHome
Wie eingangs gesagt, erschien kein Soundtrack-Album zu Stay Away, Joe und auch die absolut hörenswerten Nicht-Soundtrackaufnahmen gingen damals leider nicht in ein richtiges Studioalbum ein (→ Kontext siehe auch Guitar Man-Session 1967). Es gab allerdings 1968 eine Single-Veröffentlichung mit dem wunderbaren U.S. Male als A- und dem Filmsong Stay Away als B-Seite. U.S. Male erreichte jedoch nur Platz 28 in Billboards Hot 100 (siehe Joel Whitburns Chartstatistik) und kam in den Country-Charts sogar nur auf Rang 55 – Stay Away war noch schlechter platziert. Kein großer Erfolg also.
Fazit: Stay Away Joe ist eine hörenswerte und interessante Veröffentlichung des Sammlerlabels Follow That Dream, bei der man eine Menge von der Stimmung bei zwei eher wenig bekannten Aufnahmesessions Elvis Presleys aus den Jahren 1967 und 1968 mitbekommt. Ist fast so, als könnte man sich via Zeitreise mal kurz ins Studio B in Nashville beamen und an der Studiotür lauschen. Mir gefällt’s, auch wenn es meiner Ansicht nach unnötig war, Passagen des Studiodialogs für eine Veröffentlichung des Sammlerlabels zu editieren.
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[…] Taurog zusammen und schrieb Ende der 1960er u.a. zwei Drehbücher für Elvis-Filme, nämlich Stay Away Joe und das erwähnte Live A Little Love A […]
[…] man so gut harmonierte, blieb Jerry gleich noch für die Aufnahmen von Big Boss Man, auch wurde er Anfang 1968 für eine weitere Aufnahmensession verpflichtet, bei der Elvis Presley seinen Song U.S. … […]
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